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Margareta Sandhofer MICHAEL VONBANK: DER MALER ALS DRAMATIKER Vom ploetzlichen Einfall zum orchestrierten Drama im grossen Format Michael Vonbanks Malerei ist ungewoehnlich, in ihrer Eigenart auffallend widerstaendig und hochgradig subjektiviert. Anleihen aus der Kunstgeschichte, oder Anregungen aus dem zeitgenoessischem Kunstgeschehen kommend, lassen sich nicht feststellen, eventuelle Aehnlichkeiten koennen nicht mit einer direkten oder indirekten Einflussnahme von aussen argumentiert werden. Michael Vonbanks Schaffen offenbart im Literarischen wie im Malerischen eine beeindruckende Urspruenglichkeit, die aus ihm explosiv herausbricht und sich literarisch wie malerisch manifestiert – und er laesst es ungehindert zu, gibt sich empathisch der unwillkuerlichen Eingebung hin und zelebriert dies schliesslich mit freudiger Hingabe. Ein ploetzlicher Einfall gehoert sofort notiert, im Wirtshaus auf Servietten, im Atelier auch direkt an die Waende, die letztlich vollkommen mit seiner Schrift bedeckt sind: Biographische Notizen, spontane Ideen und Gedanken, Aphorismen und Gedichte ueberlagern einander. Manches Moebel, saemtliche Fenster und die Eingangstueren sind mit reichlich Farbe zugemalt. Heute ist man ueberwaeltigt von diesem Zeugnis seines ueberquellenden Schaffensdrangs. "Mensch, Tier, Daemon: Die Kehrseite meines Seins". Momentaufnahmen einer inneren Transformation Michael Vonbanks Malerei gleicht einer theatralischen absonderlichen Inszenierung, die den Betrachter zur Begegnung mit wundersamen Figuren fuehrt. Schablonenhafte Tiere und Menschen, fragmentierte und verzerrte Gestalten, auch teilweise Tier und teilweise Mensch, formatieren sich zu phantastischen Figurationen. Diese Wesen werden von Michael Vonbank ueberzeichnet, gespiegelt und repetiert, praesentiert in einem verschlungenen Dasein als mehrdeutige Geschoepfe, als Metamorphosen, Chimaeren oder Grotesken. Heftig bewegt und abgruendig beseelt sind diese seltsamen Kreaturen verwickelt in ihre wunderlichen Narrationen. Und mit daemonischem Blick involvieren sie die BetrachterInnen in diese Geschichte und ziehen sie in ihren Bann. "Kobolde und Gluecksbringer": Schauspieler einer im Raum inszenierten Malerei Schon in Michael Vonbanks grossen malerischen Dramen, wie "Im freien Fall" von 1994 finden sich doppelboedige Monster und Gespenster, deren Schrecken er dadurch unterlaeuft, indem er die Kreaturen tollpatschig und nahezu komisch erscheinen laesst, sodass die herzigen Tierlein Empathie in den Betrachtenden regen. 2005 entschliesst er sich dazu seine Wesen frei im Raum zu praesentieren. Er laesst seine gezeichneten Entwuerfe zu den Fabelwesen in groesserem Massstab auf Metallplatten uebertragen und ausschneiden um sie beidseitig zu bemalen. Michael Vonbank schafft 25 Mischwesen, tierische Geschoepfe mit mehr oder weniger ausgepraegten menschlichen Zuegen. In manchen scheinen zwei unterschiedliche Wesen zu einer Chimaere verschmolzen zu sein, die an antike Mythen, Maerchen, Fabeln oder andere irreale Erzaehlungen erinnern. Moegliche Widerspruechlichkeiten sind in der malerischen Bearbeitung aufgehoben oder entfalten sich auch gerade in dieser. Der bewegte Pinselstrich ist mit freier und großzuegiger Geste, doch sicher gesetzt. Im Zusammenspiel der Formen und Farbklaenge innerhalb der Konturen entwickelt sich eine malerische Qualitaet, welche die Silhouette mit eigenwilligem und widerstaendigem Leben erfuellt, die aeussere Form mitunter sprengen zu wollen scheint und ihr differenzierten Charakter und Aktivitaet verleiht. Der Duktus und die farbige Kraft spruehen von Energie und Emotion und verleihen der Rueckseite der einzelnen Figur oft einen andersartigen oder entgegengesetzten Ausdruck. Die objekthaften Gebilde koennen in ihrer Ambivalenz exemplarisch für Michael Vonbanks Malerei (oder für sein kuenstlerisches Schaffen generell) und sinnbildlich für sein persoenliches Wesen stehen: Auf der einen Seite begegnet einem eine frohe Leichtigkeit, auf der anderen tiefgruendige Ernsthaftigkeit. Ein lustiger Kasperl erscheint auf seiner Rueckseite von altklugem Hochmut. Die Gestalt "My best friend" (die ein Selbstportraet bergen mag) praesentiert sich einerseits vergnuegt und entspannt, kippt jedoch auf der Rueckseite Augen rollend in einen gegenteiligen Gemuetszustand. Ab 2006 stellt Michael Vonbank seine Serie "Kobolde und Gluecksbringer" an die Wand gelehnt am Boden stehend aus, als waeren sie seinen Gemaelden entsprungen, die darueber an den Waenden ebenfalls gezeigt werden. Lagernd und lauernd umgeben diese Wesen das betrachtende Publikum. Der verlebendigte Eindruck ist noch ein statischer, eine Maskerade, die in einer spaeteren Ausstellung ins Theatralische gesteigert und dynamisiert ist: 2010 haengen diese Wesen an kaum sichtbaren Nylonfaeden in einem dichten Gemenge von der Decke, sodass sie fuer die darin wandelnden Besucher:innen als direktes koerperliches Gegenueber erfahrbar werden und zu pendeln beginnen, wenn sie unweigerlich gestreift werden. Unmittelbar sind die vorherigen Statisten aktiviert und zu Protagonisten mutiert und involvieren im Moment der Beruehrung die BesucherInnen in ihr lustvolles Spiel. Die ganze Szenerie geraet in Schwingung, schillernd in ihrem wandelbaren Erscheinungsbild, schwankend je nach Perspektive und momentanem Zusammenspiel. Das Schauspiel vollzieht sich empfindsam und labil, sinnbildlicher Spiegel eines verstrickten menschlichen Gemuets oder eines Individuums in einer Welt von anderen Individuen, die allesamt, die Besucher:innen eingeschlossen, nicht klar definiert sind und auch nicht so klar definiert sein sollen. Dieser Text ist erschienen im Katalog "Michael Vonbank. Daemonentheater. Arbeiten 1986 - 2015. Ein Ueberblick". Herausgegeben von Beate Sprenger mit Texten von Christian Ludwig Attersee, Daniela Gregori, Lucas Gehrmann, Anton Herzl, Margareta Sandhofer, Beate Sprenger, Florian Steininger, Michael Vonbank und Vitus Weh. Verlag fuer moderne Kunst, Wien 2022, ISBN: 978-3-9035-7269-9 |
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