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Sonja Traar

BER WUNDERKAMMERN, WUNDERTIERE UND SCHWARZ-WEISSE M NNER

Verschmitzt, in seiner Gegenw rtigkeit und physischen Pr senz absolut, freundlich und mit leicht verspielter Gestik, so wirkt Michael Vonbank bei unserer Begegnung. N he und Distanz, Direktheit und opake Undurchl ssigkeit stehen unmittelbar nebeneinander. So leicht manche Worte zu finden sind, die etwa um die Studienzeit kreisen oder um den Beginn der k nstlerischen T tigkeit, so schwer stellen sie sich ein beim Versuch, einen verbalen Wortteppich f r die Kunst Vonbanks zu schaffen. In dem Ma e allerdings, wie die Worte ins Stocken geraten, steigt der emotionale Gehalt. Er steigt immer weiter, je l nger die Bilder intensiv betrachtet werden und kumuliert schlie lich in einem hitzigen energetischen Austausch zwischen dem Betrachter und den Bildern. Gegens tzliche Empfindungen von Anziehung und Absto ung treten auf. Die Bilder Michael Vonbanks treffen in die nonverbale Ecke des Bewusstseins, die wei , was sie sieht, ein unmittelbares Gef hl daf r entwickelt, das ber Stimmigkeit und Unstimmigkeit treffend zu entscheiden wei , aber von einer Mauer gegen Worte umgeben ist - vielleicht, weil es eine kunstgeschichtlich nicht zerlegbare Kunst ist, die Worte und Gedanken verlangt, die noch nicht gefunden wurden - die vielleicht viel zu einfach sind, viel zu stark, um in den Mund genommen zu werden.

Begegnung in Worten
Michael Vonbanks Bilder zeigen wundersame Figuren, die sich teilweise mit ihren Konturen im Hintergrund aufl sen. Es sind Phantasiegebilde mit bestimmten Wesensz gen, die ihr Befinden sichtbar machen. Schablonenartige Tiere und Menschen, von dicken schwarzen Linien umrahmt, treten miteinander in Beziehung. Die Grundstimmung in den gro formatigen Leinwandarbeiten scheint gut zu sein: Die Farbgebung ist frisch und kr ftig. Durch die teilweise skurrilen, m rchenhaften Erfindungen verschiedenster Wesen stellen sich Entz cken und Bezauberung ein. Der Blick bleibt von der Darstellung lange Zeit gefesselt. Die Figuren scheinen wild-phantastischen Trickfilmen der 1960er Jahren entnommen, in denen alle m glichen Formen zum Leben erwachen, reale Wesen zu berdimensioniertem Kinderspielzeug mutieren.

Die Figuren gaukeln trotz allem vor einem Hintergrund der Bedrohung und der existentiellen Angst. Von ihm ist nur wenig zu sp ren - gerade soviel, um eine Ahnung von unbekannten Tiefen hervorzurufen. Die Wundermaschine, welche die Menschen und Tiere mit maskenhaften Gesichtern und stark umrundeten Augen entwirft, folgt einem sprudelnden Automatismus. Dieser entwirft mit gro er Spontaneit t, aus einem inneren Drang heraus, Bilder auf der Leinwand. Er k mmert sich nicht um Farbsucht, die er ohne zu berdenken n hrt, er k mmert sich nicht darum, dass Stellen in den Bildern frei bleiben - er macht Sch nes und Unsch nes, er vergeht sich an den eben erschaffenen Kreaturen.

Eine Wunderkammer ffnet die Pforten
Michael Vonbank entwirft ein gewaltiges, farbrauschendes Bild seines Inneren. Es sucht mit solcher Vehemenz nach Ausdruck, dass dies durch jedes Taktieren, berlegen, Abw gen oder gar durch den Zwang, etwas noch nie da Gewesenes erschaffen zu m ssen, gest rt w rde. Die vielen, markanten Augen in den Bildern sprechen von Angst. Trotzdem nimmt der K nstler alles, was in den Bildern entsteht, auf sich. Er schleudert zwar seine innere Welt von sich, trotzdem ist und bleibt es seine, alle Fragen darin hat er l ngst mit sich selbst ausgemacht. Der Betrachter kann ein "Mit-Beobachter" werden, der gerade einmal einen Einblick erhascht. Und dennoch, die Welt der phantasievollen Tierwesen und menschlichen Figuren ist eine offene - mit Freundlichkeit und Verschmitztheit erlaubt sie jedem Betrachter, seine Wege darin zu gehen. Er wird zufrieden sein, ob er den Weg nun nur ein kleines St ck gegangen ist oder sich mit Haut und Haar auf die Darstellung eingelassen hat. Ob er seine eigene Phantasie hat spielen lassen, seine Verz ckung und Verwirrung zul sst, oder nicht. Erst wenn Fragen mit "nein" beantwortet sind, etwa die Frage nach surrealistischen, expressionistischen oder neo-primitivistischen Vorbildern, nach direkter Verwandtschaft zur Comix Art oder den "Neuen Wilden" sowie nach einer reinen Art-Brut Malerei, dann ffnen sich die unz hligen M glichkeiten dessen, was Vonbanks Kunst ist und kann. Er ist im wahrsten Sinn ein gro er Maler, ein von der Malerei durch und durch durchdrungener Mensch, der darin alles findet, seine Liebe, seinen Hass, seine Demut, sein Begehren, seine Befriedigung, der noch dazu ein Selbstverst ndnis f r die Darstellung seiner inneren Welt aufgebaut hat, die jede Form der Berechtigung erh lt und innehat.

Von Wundertieren und schwarzwei en M nnern
Von besonderer Qualit t ist die Serie "Men in black", in der Vonbank auf die Verwendung von Farbe verzichtet. Die schwarz-wei en Bilder scheinen dennoch vor Farbe zu spr hen und es entsteht der Eindruck, als w ren die Farben in den ihnen zugeh rigen Grauwerten dargestellt. Die Vielf ltigkeit der Graut ne ist bemerkenswert, ebenso die Unmittelbarkeit und innere Sprengkraft der Bilder. Seit einiger Zeit hat der K nstler einige seiner prunkhaften Phantasiewesen aus Aluminium ausgeschnitten und mit Acryl bemalt. So entsteht ein wildes, vor Farblust strotzendes Huhn, ein lachend-schreiendes Teuflein, eine sechsf rbige Katze mit Eutern, etc... Diese k nnen frei im Raum h ngen, oder an die Wand gelehnt werden. Sie vermitteln die Idee eines Gl cksbringers, eines heiligen Tieres oder eines Koboldes, der das tut, was ihm beliebt. Die Lust, sich ein solches Tier zu eigen zu machen und damit ein konstituierendes Element aus Vonbanks Sortiment zu erwerben, ist gro .

Rauminstallation "Sweet Dreams"
Wichtig zu erw hnen ist die Rauminstallation "Sweet Dreams", welche der K nstler im Jahr 2005 geschaffen hat. Er malt dazu einen Raum komplett mit Graffitis aus, die so eindringliche Wortsch pfungen wie "KOMM HER", "ICH WILL NUR DICH (und mich)" oder "VERGISS DICH" zeigen. Skizzenhaft sind Entw rfe von Phantasiewesen, Tier- und Menschengestalten zu sehen, mit bergro en Geschlechtsteilen, die zusammen mit den Spr chen Trauminhalte darstellen. Am Boden schlafen ein zwei P rchen aus zwei verschiedenen Kulturkreisen - dem christlichen und dem mohammedanischen - verk rpert als lebensgro e Puppen. Die Ausgrenzung geschieht nur solange es Tag ist, wenn vorgefertigte Reaktionen und immergleiche Wortgefechte sich abspielen. Sobald es Nacht ist, sind die Tr ume und Phantasien dieselben. Mit ber hrender Direktheit bricht Vonbank ein Tabu auf, erhebt optische und verbale Versatzst cke aus der Subkultur zu Hochkultur. Seine innere Empfindungsebene und die Art der Verkn pfung von liegenden Figuren und Wandmalerei zeichnen ein Bild, das dank seiner sch pferischen Kraft hohe k nstlerische Aussage erh lt.

Dieser Text ist erschienen im Katalog "Michael Vonbank. Gegenwelten - Eine Zusammenkunft. Arbeiten 2002 bis 2008". Herausgegeben von Michael Vonbank mit Texten von Lucas Gehrmann, Peter Gorsen, Sonja Traar und Michael Vonbank. BUCHER Verlag, Hohenems 2008, ISBN: 978-3-902512-43-4

 
 
 
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